“Das gibt es in der Schweiz” – Sozialreportagen in der “Nation” 1939-1952

Facharbeit von Annetta Bundi und Andi Jacomet

Institut für Medienwissenschaft der Universität Bern, 1997

Direkt zum Download der Facharbeit zur “Nation” (PDF, 600 KB)

Am 1. September 1933 erschien zum ersten Mal eine Zeitung, welche die Schweizer Pressegeschichte in den folgenden 20 Jahren ihres Bestehens nachhaltig prägen sollte. In einer “Präambel” wurde das Programm des Blattes vorgestellt:

Wir rufen alle freiheitlich Gesinnten auf über Parteien und Klassen hinweg zum gemeinsamen Werk! Die wirtschaftliche, moralische und geistige Krise der Welt zieht immer tiefere Furchen in unser Land. Ausländische Einflüsse bedrängen die Schweiz gefährlicher als je. Fremde Rezepte werden angepriesen, fremde Parolen ausgegeben, fremde Beispiele nachgeahmt.

Unter dem Vorwand, die Demokratie erneuern zu wollen, erscheinen Führer, die sich selbst ernannt haben. Sie reden, doch sie gewähren keine Gegenrede. Sie predigen Volksgemeinschaft, doch sie säen Unfrieden. Sie trachten, sich über das Souveräne Volk zu setzen. Wenn sie ihr Ziel erreichten, dann wäre die Idee des Schweizerbundes – Freiheit der Bürger, Gleichheit der Stände, Brüderlichkeit der Stämme – zerstört. Damit wäre der Untergang der Eidgenossenschaft besiegelt.

In schwerer Sorge vor solcher Entwicklung, in der Überzeugung, dass die Zukunft der Schweiz nicht durch Unterdrückung und Gewalt, sondern nur durch gerechten Ausgleich gesichert wird, im Vertrauen, dass unser Volk, getreu seiner Überlieferung, durch Selbstbesinnung, Selbsterziehung und Selbstbestimmung die herrschende Krise bezwinge, haben wir Schweizerbürger, über Gegensätze von Parteien und Klassen hinweg, uns verständigt.

Wir wollen, statt an der Oberfläche der Zeit zu diskutieren, den sozialen Störungen auf den Grund gehen, um sie “mit dem Vaterland und allen Freien” zu überwinden. Wir geloben, in treuer Arbeitsgemeinschaft, die Grundfesten unserer Demokratie zu schützen und für ihren freiheitlichen Ausbau einzustehen.

Wie die Schweiz durch Achtung und Gerechtigkeit gegenüber sprachlichen und kulturellen Minderheiten den Sinn nationaler Volksgemeinschaft verkörpert, so muss sie ein Beispiel sozialer Volksgemeinschaft werden. Wir nehmen entschlossen den Kampf für die geistige Freiheit und die nationale Unab- hängigkeit auf. Wir wollen allen, die nicht gesonnen sind, fatalistisch sich bevormunden zu lassen, uns zusammenfinden auf der freien Tribüne: “Die Nation”.

Sie wird den Beweis erbringen, dass Bürger verschiedener Berufe, verschiedenen Herkommens, verschiedener Anschauung, Bauer und Arbeiter, Kaufmann und Handwerker, Gelehrter und Künstler gemeinsam den Weg bereiten zur geistigen, politischen und wirtschaftlichen Neugestaltung der Eidgenossenschaft.

So rufen wir auf zu mutiger und besonnener Mitarbeit an der geistigen Läuterung, der sozialen Stärkung, der politischen Veredelung unserer Demokratie. Ihr freiheitlich Gesinnten in allen Gauen der Schweiz: Schart Euch um “Die Nation”.

Ist über die Presse allgemein sowie die Zensur im Zweiten Weltkrieg reichlich Literatur vorhanden, sind Texte zur “Nation” nur spärlich gesät.

Diese Lücke wollten Annetta Bundi und ich im Rahmen einer medienwissenschaftlichen Facharbeit schliessen, die in den Jahren 1995 bis 1997 an der Universität Bern bei Prof. Roger Blum entstand.

Wir legten den Fokus insbesondere auf den anwaltschaftlichen Journalismus, insbesondere die Sozialreportagen, die zu einer Zeit erschienen, in der man Themen wie Verdingkinder, Missstände in Heimen usw. lieber unter den Teppich kehrte.

Die Arbeit ist hier als PDF abrufbar (600 KB).