Hallo alle zusammen,
ich bin 33 Jahre alt und komme aus Nordrhein-Westfalen. Seit über einem Jahr bin ich stiller Mitleser und kenne hier schon einige User und ihre Storys. Nun habe ich mich entschieden, auch meine Geschichte zu erzählen – vor allem, um Menschen zu motivieren, die den Weg hierher noch finden werden.
Vor etwas mehr als einem Jahr, am 24. August, hatte ich einen Motorradunfall. Dabei zog ich mir eine laterale Tibiakopffraktur sowie eine Fraktur an einem Brustwirbel zu. Im Krankenhaus sah man sofort das stark geschwollene Knie. Die Bänderstabilität wurde geprüft – alles war in Ordnung. Ich konnte das Knie auch bewegen, weshalb man zunächst von einer Prellung ausging. Erst als ich am nächsten Tag entlassen werden sollte und das Bein nicht belasten konnte, wurde erneut geröntgt. Die Aufnahmen von Knie und Rücken zeigten dann die Frakturen, woraufhin zusätzliche CTs gemacht wurden.
Am 28. August wurde ich operiert. Am linken Knie wurde lateral eine Plattenosteosynthese mit sieben Schrauben eingesetzt. Zusätzlich öffnete man auf der anderen Seite einen Zugang, um mit der Kamera ins Gelenk zu schauen.
Da ich im Vorfeld viel darüber gelesen hatte, wie belastend dieser Bruch für viele ist, war ich moralisch ziemlich angeschlagen. Doch mein Arzt sagte mir nach der OP, dass alles sehr gut verlaufen sei und ich in vier Monaten wieder alles machen könne – nach einem Jahr sogar wieder Fußball. Im selben Gespräch nahm er mir die Orthese ab mit den Worten: „Die brauchst du nicht.“ Mein Operateur war Chefarzt der Chirurgie, Kniespezialist und zugleich Chirurg des örtlichen Bundesliga-Vereins. Er schickte mich mit sechs Wochen Teilbelastung (20 kg) nach Hause.
Direkt nach der OP merkte ich, dass jeder Gang zur Toilette schmerzhaft war, da sich die Wade bei jedem stehen anfühlte, als würde es explodieren. Schmerzmittel nahm ich nur kurzzeitig – 600er Ibus reichten mir aus. Vier Tage nach der OP begann ich mit Physiotherapie. Der Physiotherapeut prüfte zunächst die Anatomie und begann dann mit manueller Therapie. Am Ende der ersten Sitzung sollte ich mich auf den Bauch legen und versuchen, das Knie zu beugen. Mit viel Kraft, minimaler Unterstützung und beinahe in die Hose kacken, schaffte ich es fast auf 90 Grad. Zwei Sitzungen später – etwa zehn Tage postoperativ – durfte ich schon auf den Ergometer. Das funktionierte und fühlte sich gut an. Von da an ging es schnell voran.
Wir begannen mit Krafttraining, immer unter Berücksichtigung der Teilbelastung. Schwerpunkt waren stabilisierende und kräftigende Übungen fürs Kniegelenk. Sowohl mein Therapeut als auch ich konnten es kaum abwarten, endlich voll zu belasten. Nach fünf Wochen hatte ich meine volle Beugung zurück, die Streckung war bereits rund zehn Tage nach der OP wieder vollständig da. Als ich schließlich voll belasten durfte, zog das Training deutlich an – mein Therapeut forderte mich bewusst stärker, um das Potenzial voll auszuschöpfen.
Mit der Vollbelastung kamen neue Probleme: Anfangs konnte ich die Praxis ohne Krücken nicht verlassen, lernte aber innerhalb von zwei Stunden, ohne sie zu laufen – auch wenn das zunächst noch sehr wackelig aussah. Die Anstrengung lohnte sich, doch kurz darauf meldete sich der Fuß: sämtliche Sehnen und insbesondere die Plantarfaszie entzündeten sich. Ich bekam eine Bandage fürs Sprunggelenk. Die Fußschmerzen waren schlimmer als der Bruch selbst und hielten etwa zehn Tage an. Trotzdem machte ich in der Physiotherapie und mit meinen Hausübungen konsequent weiter. Vor Weihnachten hieß es dann: „Du brauchst keine Physiotherapie mehr.“ Mein Therapeut bescheinigte mir ein fortgeschrittenes Niveau und empfahl, künftig eigenständig im Fitnessstudio weiterzutrainieren – was ich bis heute tue.
Nach vier Monaten, also im Januar, konnte ich wieder alles machen, was ich vor dem Unfall auch konnte. Nichts bereitete mehr Probleme – genau wie der Operateur es vorhergesagt hatte. Ab und zu zwickte es, und bei starker Belastung spürte ich die Bruchstelle etwas stärker, aber das Gelenk selbst war schmerzfrei. Selbst Stolpern fühlte sich normal an. Nach etwa sieben Monaten traten die Schwellungen kaum noch auf; das Ödem am Schienbein verschwand schließlich ganz. Eine leichte Schwellung um das Metall blieb für mich bemerkbar, war aber weder sicht- noch tastbar.
Ende Juli bekam ich schließlich die Überweisung zur Metallentfernung. Beim Gespräch mit den Chirurgen schilderte ich, dass alles wieder wie vor dem Bruch sei – bis auf das Metall. Am vergangenen Freitag wurde es in einer ambulanten OP entfernt. Ich hatte große Angst, dass es wieder schlechter wird und las im Vorfeld wieder eure Erfahrungsberichte, die mich motivierten. Im Nachhinein kann ich bestätigen: Es war nichts im Vergleich zur ersten OP. Noch am OP-Tag durfte ich, sofern es die Schmerzen zuließen, direkt belasten – und es funktionierte. Natürlich tat die Nahtstelle weh, aber das Laufen klappte erstaunlich gut. Heute, am dritten Tag nach der Metallentfernung, bin ich komplett ohne Krücken unterwegs. Ich habe sie nur zur Sicherheit dabei, falls die Schwellung zu stark wird. Streckung und Beugung ist wie vor der Metallentfernung.
Starke Schmerzmittel habe ich nicht genommen – nur Ibuprofen gegen Entzündungen an der Naht. Heute wurde der Verband abgenommen, die Wunde sieht gut aus, sodass ich die Ibus ebenfalls abgesetzt habe. Zur besseren Entstauung habe ich mir diesmal auch direkt eine Lymphdrainage verschreiben lassen – beim ersten Mal bekam ich das leider erst vier bis fünf Monate später.
Positiv ist mir aufgefallen, dass das unnatürliche Gefühl auf dem Fußrücken völlig verschwunden ist. Nach der ersten OP hatte ich durch Reizungen Kribbeln und komisches Gefühl stellenweise. Diese verschwanden auch 3 bis 4 Monate nach der OP. Aber am Fußrücken merkte ich beim klopfen oder Socken anziehen etwas was nie ganz weg war – jetzt ist es komplett verschwunden. Außerdem drückte vorher eine Schraube unangenehm ans Innenband; auch dieses Gefühl ist nun weg. Und eine nicht störende aber tast- und sichtbare Schraube ist jetzt auch Geschichte. Alle Schrauben sind raus. Ich hoffe, dass ich damit meine Kniegeschichte abschließen kann und in Zukunft auch keine Probleme mehr haben werde. Laut den Ärzten höchstwahrscheinlich nicht.
Ich wollte mich eigentlich kurzfassen, aber es war mir wichtig, alles zu schildern. Vor allem möchte ich hiermit zeigen, dass auch nach so einem schweren Bruch wieder alles wie früher werden kann. Leider berichten viele nur, wenn es nicht gut läuft – daher hoffe ich, dass meine Erfahrung anderen Mut macht und zeigt: Es geht auch anders!
Tibiakopffraktur - meine komplette Geschichte (aufmunternd)
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