Tibiakopf auf Reisen

Geschichten und Meinungen rund um Beinbrüche und Knieprobleme

Moderator: Andi Jacomet

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edefixxx
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Tibiakopf auf Reisen

Beitrag von edefixxx »

Hallo liebe Tibiaköpfler!
Vorab möchte ich mich bei Allen die hier so fleißig ihre Geschichten teilen, herzlich bedanken! Die Zeit im Krankenhaus ist mit eurem Lesestoff um einiges schneller vergangen :)
Und weil ich gerade mit Erfolgserlebnissen verwöhnt werde, möchte ich euch meine kleine Geschichte auch erzählen – vielleicht macht sie ja der/dem Einen ein bisschen Mut.

Heute vor 8 Wochen wurde mein Schienbeinkopf in einem Krankenhaus in Nicaragua, mittels künstlichem Knochenstück, Platte und 6 Schrauben wieder zusammengeflickt. Heute bin ich ca. 2 Kilometer ohne Krücken durch den Wald gewandert, bin auf glitschigen Steinen herumgeklettert und hab im Fluss gebadet! Ein Wasserfall mit heißem Wasser – wie herrlich!!!

Aber mal vom Anfang an: Ausgerechnet in meiner lange herbeigesehnten ‚Auszeit’, in der ausgedehntes Backpacking, Bergsteigen, Canyoning, Klettern, Tauchen etc. auf dem Programm stand, musste ich am Steinboden ausrutschen und mir dabei den Tibiakopf zertrümmern. Erstmal ins nächstbeste Krankenhaus – eine Schiene angepasst auf einer Behandlungsliege mit Blutspritzern und ein Röntgenbild auf dem ich rein gar nichts erkennen kann... Diagnose: das muss operiert werden, am besten gleich morgen. „Aber sicher nicht hier in diesem KH“ – das war mein erster Gedanke.

Nach der Abklärung mit meiner Reiseversicherung hieß es entscheiden, ob ich mich nachhause fliegen lasse oder mich in einem privaten Krankenhaus in der Hauptstadt Nicaraguas operieren lasse. Ich wählte Zweiteres. Das Privatkrankenhaus machte einen recht guten Eindruck. „Hey – ist ja alles kein Beinbruch“ scherzte ich noch, „in 3 Wochen tanze ich wieder“... Nach der Voruntersuchung, CT, etc. hat mir mein Arzt dann noch mitgeteilt dass sie mir ein Stück Knochen an der Hüfte ausbauen als Ersatzteil für meinen Knie-Trümmerhaufen verwenden werden...Naja, nun konnte ich ja schlecht wieder davonlaufen! :)

3 Tage Krankenhaus, 2 Wochen so eine Art Liegegips (Schiene von der Hüfte bis zur Ferse mit Bandage rundherum), dann Orthese, 2 Monsterkrücken (zum unter die Achsel klemmen) – Teilbelastung 20kg und dann langsam steigern. Mein nicaraguanischer Arzt ließ sich nicht wirklich auf ein Datum festnageln...um mich loszuwerden hat er dann schließlich der Vollbelastung nach 6 Wochen zugestimmt. Zumindest hab ich das so verstanden (mein Spanisch ist zwar ganz ok...aber manchmal hört man doch nur was man hören will)

So, 4 Wochen nach der OP konnte ich dann schon ganz gut humpeln und hab täglich (gefühlt) stundenlang im Bett die Beinmuskulatur trainiert und versucht auf 90 Grad Beugung zu kommen. Wenn das geschwollene Monsterknie dann abends getobt hab gabs manchmal eine Tramal...
Einen, schon vorher geplanten, 2-wöchigen Heimatbesuch nutzte ich dann um die heimischen Doktoren zu bemühen - die wollten von meinem Zeitplan natürlich nichts hören. Irgendwann nach 8 Wochen oder so 50% Teilbelastung, nach 12 Wochen Vollbelastung und eine Überweisung zur Physio gab man mir mit auf dem Weg. Übrigens waren sie von der professionellen Ausführung der OP und der schönen Bilder durchwegs begeistert. Nun ja, der Physiotherapeut meines Vertrauens meinte ich solle mich wegen der unterschiedlichen Aussagen der Ärzte nicht verrückt machen, mein Körper sagt mir schon was geht und was nicht. Sprach er, nahm mir die Krücken weg und befahl ein paar Schritte zu gehen, schließlich waren es ja schon 6 Wochen nach der OP. Das war wohl nichts...Aber es gab neue Krücken (Unterarmstützen) und Anleitung zum 4- Punkt Gang. Den hab ich dann fleißig geübt, 10 Kilometer in 3 Tagen, jedes Mal abends so fertig wie nach einem Viertausender...doch die Muskeln sind gewachsen und der Schmerz in der Hüfte durch die Fehlbelastung wurde immer weniger.

Wieder zurück in Zentralamerika bin ich in der 7. Woche erstmals eine kurze Strecke ohne Stützen gegangen, ich hab (mit Stützen) die höchste Pyramide von Tikal bestiegen, war (ohne Stützen) Tauchen und Schnorcheln in Belize und hab ansonsten täglich trainiert, geübt und gedehnt. Meinen Rucksack musste zwar immer mein Partner tragen, aber ansonsten geht auch Bus- und Bootfahren ganz gut. Manchmal bekomme ich sogar eine nette Sonderbehandlung und darf mir meinen Sitzplatz aussuchen :roll:
Es geht langsam aber stetig ein bissal besser und irgendwann steh ich wieder auf einem höhen Berg!!! (und komme danach auch hoffentlich wieder runter)

Jetzt sitze ich auf der Veranda mit Blick auf den Rió Dulce in Guatemala und schick euch außer lieben Grüßen aus der Ferne noch GANZ viel Kraft, Geduld und Vertrauen in euren Körper!
Alles Liebe!
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joelinho
Beiträge: 615
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Re: Tibiakopf auf Reisen

Beitrag von joelinho »

Hallo edefixx!

Nette Grüsse ins ferne Nicaragua, schön dass du bei uns ins forum hereingeschnuppert hast. Hätte mir gar nicht gedacht, dass die Arbeit von Ärzten in Nicaragua hierzulande (Mitteleuropa) auch gelobt wird. Deine Schilderung klingt optimistisch in Hinblick auf deine Genesung und du scheinst körperlich relativ fitt zu sein, also alle Gute aus Tirol.
Gruß, Joelinho
Elke
Beiträge: 117
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Re: Tibiakopf auf Reisen

Beitrag von Elke »

Hallo edefixxx,

danke für deinen Abenteuerbericht, schön, hier auch mal was Positives zu lesen!
Da kann man ja neidisch werden: Auszeit in Mittelamerika und dann noch so ein schneller Heilungserfolg.

Da frage ich mich schon, ob bei uns diese 12 Wochen ohne Vollbelastung wirklich immer sein müssen. Bei mir wurde 'nur' verscharubt, ohne Flickerei mit zusätzlichem Knochen, und trotzdem durfte ich 12 Wochen überhaupt nicht belasten.
Wahrscheinlich war es gut, dass du am Anfang in Nicaragua geblieben bist, ohne die mitteleuropäische 12-Wochen-Norm bei Tibiakopffrakturen. :-)

Weiterhin alles Gute, lass es dir gut gehen!
Elke
edefixxx
Beiträge: 3
Registriert: Fr Aug 08, 2014 1:39 am
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Re: Tibiakopf auf Reisen

Beitrag von edefixxx »

Danke ihr Lieben!
...und alles Gute zurück!

Im Herbst kann ich hoffentlich mal im schönen Tirol von einem Berggipfel winken ;)
Mittlerweile ist wieder (fast) alles wie vor der Fraktur...muss mich halt zusammenreissen und versuch nicht zu übertreiben.

Die '12 Wochen Schonzeit' kommt mir auch etwas lang vor, aber andererseits wollen die Ärzte (in Mitteleuropa) wohl immer auf Nummer sicher gehen - damit sie nicht zur Rechenschaft gezogen werden falls etwas schief geht...oder, was meint ihr?
Liebe Grüße
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